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Einsatzbericht Madagaskar 24.02 – 16.03.2020

Fort Dauphin, Südküste Madagaskars: Ich finde mich in einem großen Raum ohne Deckenleuchte wieder. Das Stromkabel, welches provisorisch durchs Fenster hinein verlegt wurde, endet an einer großen Dreifachsteckdose mit unzähligen kleinen und größeren Gerätschaften.

Neben 10 Akkubatterien, einer Musikbox, einem Handy, einem Implantat Motor und einer Kochplatte lädt irgendwer hier auch seine überdimensional große Stirnlampe. Vier große Liegen stehen auf der einen Raumseite, auf jeder liegt ein Mensch mit schmerzverzerrtem Gesicht.

Geschäftig wirkende Zahnärzte wuseln herum. In der Ecke brodelt ein Drucktopf. Eine mürrisch aussehende Person versucht verzweifelt Ordnung auf einem der großen Tische voller Zangen und Hebel zu schaffen. Draußen steht eine Unmenge an Menschen. Unruhe macht sich breit.

Es wird diskutiert in einer Sprache, die ich nicht verstehe. Die Zeit nähert sich der Mittagspause. Ein Mann, nennen wir ihn Yvan (Evan, Airan oder so ähnlich) versucht der Situation Herr zu werden und verteilt Wartemarken. „Shakuf“, hallt es durch den Raum.

Yvan dreht sich um und sieht wie einer der Zahnärzte versucht, dem verwirrt auf der Liege liegenden Patienten zusagen, dass er seinen Mund öffnen soll. „Shukaf“ korrigiert er. Der Patient öffnet seinen Mund und ich frage mich „Was mache ich eigentlich hier?“.

Ich bin die mürrisch aussehende Person, auch Springer genannt, die am heutigen Vormittag für Ordnung und Sauberkeit in unserer kleinen „Praxis“ sorgt. Wir Zahnmedizinstudenten Sabrina, Luisa, Moritz und ich, Franzi wechseln uns mit einem penibel getakteten Springer- Schichtplan ab. Wer hat schon Lust den Springerdienst zu übernehmen bei einem Patientenaufkommen von 60 Patienten pro Tag? 60 Patienten mit Zahnschmerzen durch infizierte Wurzelreste und Zähne, mit Zysten und zum Teil auch größeren Abszessen.

Der Zahnzustand der Patienten ist erschreckend. Im Team, welches aus den 3 Zahnärzten Harald, Festus, Alena und uns vier Studenten besteht, versuchen wir durch gezielte Schmerzbehandlung, sprich viele Extraktionen gekoppelt mit aufklärenden Worten und geschenkten Zahnbürsten, einen Beitrag zu leisten, um die Mundhygiene der Menschen zu verbessern und Zahnschmerzen zu lindern. Bei Patienten mit besserer Mundhygiene können wir auch die ein oder andere Füllung machen.

Fast zwei Wochen ist es her, dass wir unsere „Praxis“ in einem der Räume auf dem großen Gelände der Schule St. Vincentienne in Marillac eröffneten. In der Zeit haben wir nicht nur 600 Patienten behandelt, 1500 Zähne extrahiert, sondern eine unglaublich schöne Zeit verbracht. Neben der Behandlung, die uns allen sehr viel Spaß gemacht hat und wir Studenten viel von unseren erfahrenen Kollegen lernen konnten, ließen wir zahlreiche Abende, nach einer rasanten TucTuc-Fahrt zu siebt, am Strand oder bei einem guten Stück Zebu ausklingen.

Die Wochenenden nutzen wir für eine abenteuerliche Wanderung auf den Pic-St. Louis, für eine Bootstour zu den Traumstränden von Evatra, für eine Quadttour oder auch für schöne Strandtage an unserem Lieblingsstrand, dem Ankoba Beach.

Nachdem wir uns schweren Herzens nach den ersten 2 Wochen von Festus verabschieden mussten, fuhren wir in das Krankenhaus „Hopitaly Salfa“, in dem 16 Kilometer und trotzdem eine Autostunde landeinwärts gelegenen Manambaro. Durch den Ortwechsel von der Kleinstadt Fort Dauphin nach Manambaro bekamen wir die Möglichkeit Madagaskar nochmal von einer ganz anderen Seite kennenzulernen. Wir fanden uns wieder in einem kleinen Dorf. Wir wohnten in einem Gästehaus direkt am Krankenhaus, indem wir unsere „Praxis“ neu errichteten und die von Tag zu Tag mehr werdenden Patienten behandelten. Neben der Arbeit verbrachten wir die Zeit mit Tanzaufführungen der Kinder aus dem Dorf, duschten mit kalten Eimern Wasser, aßen madagassische Gerichte und spielten Skat im Schein einer Petroleumlampe.

Sehr traurig waren wir daher als wir erfuhren, dass zur Verhinderung der weiteren Ausbreitung der Corona Pandemie nach Madagaskar die Grenzen ab dem 19. Februar 2020 geschlossen werden sollten. Nach vielen Telefonaten mit der deutschen Botschaft und dem Auswärtigen Amt und vielen gebuchten Flügen, von denen einige wieder gestrichen wurden, flogen wir schon am 18. März 2020 zurück nach Deutschland.

Alles in allem bleibt nur zu sagen, die Zeit in Madagaskar war perfekt und wir können an wunderschöne Reise mit zahlreichen Erlebnissen, Begegnungen und Geschichten zurückdenken.